E-Mail
helfer.andreas@t-online.de
Website
http://www.andreashelfer.de/
Telefon
0170-8405136
Atelier
Schleiermacherstrasse 31-37
10961 Berlin
Strategien der Verteilung
Das
Sympathische an Künstlern in den Zeiten einer allgemeinen Überproduktionskrise
ist, wenn sie sich der Sinnlosigkeit ihrer Mühen bewusst sind. So könnte sich
Andreas
Helfer auch vorstellen, eines Tages das Oeuvre zusammenzupacken und das
Malereiprojekt damit zu beenden. Das alles strategisch verstanden und mit
Überlegung,
versteht sich. Noch
kann er sich dazu aber nicht entschließen, da ihm die Beschäftigung
mit Formen, Farben, Mustern, Verteilungen des Optischen, jenseits seiner
ursprünglichen
Ausbildung als Mathematiker, immer noch als notwendige Beschäftigung erscheint.
Helfer
untersucht in seinen neueren Werken mehr als vorher und durchaus stringenter
die Zusammenhänge von Intervallen, Prozessen, Aufteilungen. Analog der
Überlegungen
der Bauhausmeister wie Klee und Kandinsky sieht Helfer ein Bildwerk als eine
auf
einem Gutteil mathematischer Strukturen beruhende Konstruktion.
Die
Raster der in letzter Zeit entstandenen Bilder erinnern an Millimeterpapier, an
dem
Farbflächen organisiert und aufgefangen sind. Der Künstler ordnet in längeren
Arbeitsprozessen die zeitliche Abfolge und bestimmt im Abbruch, dem Cut des
Bildes,
den Endpunkt der Entstehung. Aus einem eigentlichen Kontinuum der Abfolgen
bildkünstlerischer Erwägungen und Ausführungen wählt und definiert er einen
Ausschnitt. Bei Andreas Helfer hat diese Strategie weniger mit der Erzeugung
von
schönen, dekorativen Ornamenten zu tun als mit der l:Jildnerischen Übertragung
von
Nachdenken über und das Erkennen von naturwissenschaftlich, mathematischen
Folgen. /
Hierfür
ist ihm die Malerei genau so tauglich wie nüchternes abstraktes Denken über
Primzahlreihen und andere informationstheoretische Probleme. Er durchdenkt oder
durchwürfelt mit Genuss mathematische Probleme, die in ihrer Komplexität auch
ein
Unix-Betriebssystem lahm legen könnten.
Bei
seinen Bildern ist die Strategie dahingegen eine andere. Als Methode dient
zuerst
das Absichtslose des Herangehans. So erzeugt Andreas Helfer seine Bilder nach seiner
Auskunft ohne Ziel und vorhergedachte Lösung. Er durchschreitet die Prozesse
und
zeigt und verbirgt gleichzeitig die Ergebnisse. "Das entstandene Bild ist
nicht meine
Schuld. "
Dieser
Herangehensweise ist auch eine Eitelkeit des Zelgens der Produkte und somit
die Simulation eines
einmaligen kreativen Aktes fremd. Das Ausstellen der Werke ist
damit eine hinfällige Sache, da der Künstler nicht explizit etwas über seine
Denkprozesse,
somit Denk- und Lösungsansätze hinter den Werken mitteilen will, sondern die Bilder
spezielle Niederschriften seines Denkens sind, die sich Außenstehenden nicht
mehr
linear erklären.
Allerdings
freut er sich doch über eine Anerkennung bei der Präsentation, denn
Geschenke, hier die der Aufmerksamkeit und Anerkennung des Betrachters,
sind doch" geil" . Um den wohlgeneigten Betrachter ein weiteres
Geschenk zu
machen, hat Andreas Helfer
als Bildtitel seiner jetzt gezeigten Werke
Fragestellungen aus einem psychoanalytischen Fragebogen verwendet, da er
diese so "wunderbar formuliert" fand. Aber es könnte alles auch
anders sein,
die
Fragen ergeben im Ende die Antwort und doch ist alles so wie es sein muss,
der Kasus als solcher in sich schlüssig. Fiktiver Patient, Künstler und
Betrachter
bilden eine momentane, fragile Einheit.
Der
Künstler macht sich in Polkescher Manier, "Höhere Wesen befahlen mir ... " ,
einen Spaß mit dem gedachten Gewicht der Kunst und dem Glauben des
Betrachters an höhere, geistige Werte, die diese vermitteln könnte oder zumindest
gespeichert hat.
Helfer
setzt eher auf eine
Strategie des Unlogischen, derVerbindung der
Umgangsformen des Künstlers und des Betrachters über nicht Schlüssiges,
vielleicht
über das Ausstellen von Dummheiten. Er versteht seine Manie des
Energie Sammelns durch Malen nicht als musisches" Rumgepinsele" eher
als
ein" Rausscheißen " der Sachen. Daraus kann dann ein verschleiertes
Primzahlsystem höherer Verteilung entstehen, im Zweifelsfalle ein persönliches
Erkennungssystem wobei ihm selbst die Latenz des Scheiterns bewusst ist.
Ein
Versuch des Machen' s obwohl die Gefahr des Misslingens dem Tun immanent
ist. So arbeitet der
Künstler vielleicht ohne Begeisterung aber mit einer
einsetzenden Gewöhnung an der Bewältigung des Chaos als mächtigen
Systemzustand. Die entstehende Ordnung ist nicht trivial, sondern ein
fortwährendes Muster der eigenen Sortiertheit. Für Andreas Helfer durchaus
auch eine Funktion im mathematischen Sinn.
Peter Lang, August, 2001